„Einfach Mensch sein“, lautet das Rezept von Werner Beck, dem Schulleiter der Reutlinger Wilhelm-Maybach-Sonderberufs- und Sonderberufsfachschule der BruderhausDiakonie. „Nicht den Chef raushängen.“ Dazu gehören offene Türen und ein herzlicher Händedruck ebenso wie Dasein, wann immer es brennt, ruhig zuhören und jede Schülerin und jeden Schüler in seiner Persönlichkeit annehmen. Am Freitag, 19. Juli 2024, feierte Beck im Beisein zahlreicher Gäste, seinen Abschied.

Jungen Menschen einen Schulabschluss ermöglichen 

1400 Schülerinnen und Schülern hat er im Laufe seiner 20-jährigen Ära als Schulleiter die Hand gedrückt und zu einem qualifizierten Berufsschulabschluss gratuliert. In Hochzeiten absolvierten an der besonderen Schule im alten Kasernengebäude in der Ringelbachstraße jährlich über 350 Schülerinnen und Schüler ein Vorqualifizierungsjahr Arbeit und Beruf (VAB) oder eine dreijährige Ausbildung als Fachpraktiker für Metallbau, Metallfeinbearbeiter, Fachpraktiker Holz, Fachpraktiker Farbe, Fachpraktiker Hauswirtschaft, Fachpraktiker Küche, als Verkäufer oder Fachlagerist. Andreas Lingk, Kaufmännischer Vorstand der BruderhausDiakonie, hob in seiner Rede Becks Managementqualitäten hervor. „Sie leben Schulmanagement in alle Richtungen – hin zu den Kooperationspartnern wie der Stadt Reutlingen als Vermieterin und den Abteilungen der Stiftung BruderhausDiakonie.“ In Zeiten knapper Mittel habe Beck kreative Lösungen gefunden wie die, das Streichen des Treppenhauses von der Malerklasse erledigen zu lassen – als Unterweisung in die Fachpraxis.

Mit dem Grundsatz des Theologen Gustav Werner „Was nicht zur Tat wird, hat keinen Wert“ war Werner Beck 2000 als Lehrer in den Sonderbereich der kaufmännischen Abteilung der Wilhelm-Maybach-Schule eingestiegen. „Ein Erfolgserlebnis“ beschrieb er, zum ersten Mal arbeitete er mit jungen Menschen mit Förderbedarf zusammen und unterstützte sie bei der Qualifizierung für den allgemeinen Arbeitsmarkt. Das machte dem in Sport, Politikwissenschaften und Geografie ausgebildeten Gymnasiallehrer aus Hechingen so viel Freude, dass er fünf Jahre später eine abgesicherte Beamtenstelle im Staatsdienst ausschlug und sich als Schulleiter der Wilhelm-Maybach-Schule bewarb.

Unterricht mit Praxis macht das Lernen leichter

Als Beck 2005 die Schulleitung der Wilhelm Maybach Schule übernahm, teilte er das Lehrerzimmer, das damals auch Rektorat war, mit 14 Lehrkräften. „Aber von da an ging es steil bergauf.“ Die gewerbliche, kaufmännische und hauswirtschaftliche Sonderberufsschule wie auch der berufsvorbereitende Bereich wurden ausgebaut: Neue Unterrichtsräume und eine Schulwerkstatt entstanden, eine Sonderberufsfachschule für Sozialpflege kam hinzu, das Kollegium wuchs auf 34 Lehrkräfte. In den vergangenen zehn Jahren gingen dank einer guten gesamtwirtschaftlichen Entwicklung die Schülerzahlen für die Fachpraktiker-Ausbildungen zwar etwas zurück, dafür erlangen heute viele Schüler mit Migrationshintergrund im VAB ihren Hauptschulabschluss, um dann in die Sonderberufsschule und in eine Ausbildung zu wechseln.

Immer ging es dem Schulleiter in seinen Unterrichtskonzepten darum, Hand- und Kopfarbeit zusammenzubringen. „Wir sind eine produzierende Schule“. In der Schulwerkstatt entstehen Verkaufsartikel für Basare bis hin zu Klettergerüsten für einen Spielplatz. Und wenn der Schulleiter von ehemaligen Schulabgängern besucht wird, die heute erfolgreich als Optiker- oder Bäckermeister arbeiten, freut er sich. 

Den Haushaltsführerschein machen alle

Zu seinen pädagogischen Geheimrezepten gehören Beziehungsarbeit sowie Teamteaching mit einer intensiven Betreuung der Schüler in kleinen Klassen. Auch der sogenannte Haushaltsführerschein für Jungen und Mädchen ist Teil des Unterrichts. Kein Schüler und keine Schülerin verlässt die Schule, ohne dass er oder sie gelernt hat, eine Waschmaschine zu füllen, die Toilette zu putzen und ein leckeres Gericht mit frischen Zutaten zu kochen. Zur Not krempelte der Schulleiter die Ärmel hoch und fasste selbst mit an. Auch wenn Werner Beck zufrieden auf die erfolgreiche Entwicklung der Schule zurückblickt, betont er, „wir sollten wir bei den zuständigen Stellen die Berufsbildung junger Menschen noch stärker in den Fokus nehmen“. Er hätte da eine Vision für ein Leuchtturmprojekt im Ringelbachquartier: ein Berufsbildungszentrum mit Café, offen für Begegnung und für lebenslanges Lernen. „Aber ich kann gut gehen, im Bewusstsein, dass es gut weitergeht.“ Seine Nachfolgerin Birgit Rowas kommt aus der Wilhelm-Maybach-Schule.

Erfahren Sie mehr über die Wilhelm-Maybach-Schule Reutlingen